Neulich im Radio:
Ein BR2-Korrespondent verspricht sich bei einem ausländisch klingenden Namen. Passiert. Aber statt einfach „Entschuldigung, mein Fehler“ zu sagen, wird ein anderer beschuldigt: der Name selbst.
Vielleicht sollte der Journalist künftig nur noch über Leute berichten, die Müller, Meier oder Schmidt heißen – oder Hans. Da kann er nichts falsch machen. Sein neuer Slogan: „Ich berichte nur, wenn ich’s aussprechen kann.“
Was ist das bitte für ein journalistisches Selbstverständnis? Namen sind keine phonetische Selbstverstümmelung für gelangweilte Radiomoderatoren. Sie sind Identität. Respekt. Aber den haben sie vor ihrem Publikum schon vor langer Zeit verloren, warum schlussendlich nicht auch von denen, über die sie berichten?
Was ändert sich damit? Werden im BR2 zukünftig anhand des Namens entschieden, ob Ereignisse medientauglich sind? „Tut uns leid, Ihr Name hat zu viele Konsonanten. Kein O-Ton für Sie.“
Stellen wir uns das mal in anderen Berufen vor:
- Ein Pilot sagt: „Der Zielflughafen hieß zu kompliziert – bin im Schwarzen Meer gelandet, war problemloser auszusprechen.“
- Ein Feuerwehrmann sagt: „Der Straßenname klang komisch – bin einfach zum Nachbarhaus gefahren und hab das gelöscht. War einfacher zu finden.“
- Ein Arzt sagt: „Die Diagnose hatte zu viele Silben – hab den Patienten für tot erklärt, um mir das Gespräch zu sparen.“
Aber widerstehe den Anfängen! Heute stolpern Journalisten über Namen, morgen über ganze Sätze. Die „Tagesschau in einfacher Sprache“ gibt’s ja schon – Meldungen mit maximal zwei Silben pro Wort, damit keiner ins Stottern kommt.
Und weil Bildung ja bekanntlich weniger wichtig ist als Einschaltquote, wird das irgendwann Standard und hält Einzug ins Hauptprogramm. Nachrichten wie: „Mann geht. Haus brennt. Polizei guckt.“ – leicht verdaulich, völlig frei von Stolperfallen. Oder die Redaktion ersetzt Journalisten gleich durch die Teletubbies. Mehr trauen uns die Faktenchecker sowieso nicht zu.
Dabei wäre die Lösung so einfach wie altmodisch: Vorbereitung. Recherche. Übung. Oder wie es in anderen Berufen heißt: seinen Job machen. Denn Namen sind keine Stolperfallen, sondern Identitäten. Wer sie als „schwierig“ abtut, sagt im Grunde: „Ich bin zu faul, mich vorzubereiten.“ Das ist nicht nur unprofessionell – es ist entlarvend.
Also, liebe Medienmenschen: Wenn ihr euch versprecht – kein Problem. Aber bitte: Lasst das nicht an unschuldigen Namen aus. Die vielfältigen Silben haben sich nichts zuschulden kommen lassen, außer ihrer Existenz.
Wenn Journalisten dann irgendwann den letzten Buchstaben gecancelt haben, bleibt am Ende nur noch eins: Schweigen auf Sendung. Zumindest hat dann das Lügen auch ein Ende.
Bild: Copilot von Microsoft